PräventivFit 09 | Alzheimer
- Matthias Glöckner
- 30. Aug.
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Okt.
Alzheimer | Was sagt die aktuelle Forschung?
Alzheimer beginnt oft schleichend – doch unser Wissen muss es nicht.
Bei Longevity1st möchten wir dich dabei unterstützen, die Chancen der Lebensstilmedizin und ernährungsmedizinischen Prävention zu erkennen – verständlich, fundiert und mit dem Ziel, dein Gehirn aktiv und gesund zu halten.
Alzheimer verstehen und vorbeugen:
Ursachen, Prävention und neue therapeutische Ansätze,
Verfasst von: Matthias Glöckner, Gesundheitscoach Ernährungsmedizin
Datum: September 2025
Lesezeit: ca. 12 Minuten
Einführung
Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz und betrifft laut WHO weltweit mehr als 55 Millionen Menschen – mit steigender Tendenz. Doch während Medikamente gegen den Krankheitsverlauf bisher nur begrenzte Wirksamkeit versprechen, rücken Ernährung, Stoffwechsel und zelluläre Energieversorgung immer stärker in den Fokus der Prävention und Therapie.
Was ist Alzheimer genau?
Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung (Nervenzellabbau-Erkrankung), die durch den Verlust von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Die Betroffenen leiden an:
Gedächtnisverlust
Orientierungslosigkeit
Sprachproblemen
Persönlichkeitsveränderungen
Im Gehirn finden sich zwei Hauptmerkmale:
Beta-Amyloid-Plaques (extrazellulär)
Neurofibrilläre Tangles aus hyperphosphoryliertem Tau-Protein (intrazellulär)
Was ist Amyloid?
Amyloid ist ein Sammelbegriff für fehlgefaltete, faserartige Eiweißablagerungen im Körper, die zellschädigend wirken und an verschiedenen chronischen Krankheiten beteiligt sind.
Was sind Beta-Amyloid-Plaques?
Beta-Amyloid-Plaques (auch Aβ-Plaques genannt) sind extrazelluläre (also außerhalb der Zelle befindliche) Ablagerungen aus falsch gespaltenen Proteinen, die sich im Gehirn ansammeln – und gelten als ein zentrales pathologisches Merkmal der Alzheimer-Erkrankung.
Was ist Beta-Amyloid (Aβ)?
Beta-Amyloid ist ein Eiweißbruchstück, das aus dem Amyloid-Vorläuferprotein (APP) abgespalten wird. APP ist ein normales Transmembranprotein in Nervenzellen und erfüllt vermutlich Funktionen bei Zellwachstum und Regeneration. Transmembranprotein - kurz erklärt:
Ein Transmembranprotein ist ein Eiweißmolekül, das sich durch die Zellmembran hindurchzieht. Es verbindet das Zellinnere mit der Außenseite und dient oft als Transportkanal, Sensor oder Signalübermittler.
Bildlich: Wie ein Tor oder Antennensystem, das die Zelle mit ihrer Umgebung kommunizieren oder Stoffe hindurchlassen lässt.
Es gibt zwei Wege, wie APP gespalten werden kann:
Weg | Ergebnis | Bedeutung |
Nicht-amyloider Weg | harmlose Fragmente | kein Problem |
Amyloider Weg | Beta-Amyloid-Peptide (Aβ) | potenziell toxisch |
Wie entstehen die Plaques?
1. Entstehung
Durch die „falsche“ enzymatische Spaltung entsteht Beta-Amyloid 42 (Aβ₄₂), ein besonders klebriges Peptid.
2. Aggregation
Diese Peptide verklumpen:
o Erst zu Oligomeren (kleine Gruppen)
o Dann zu Protofibrillen (langgestreckte Aggregate). Protofibrillen sind Zwischenstufen bei der Entstehung von fibrillären Proteinaggregaten, wie z. B. Beta-Amyloid-Plaques bei Alzheimer. Sie entstehen, wenn fehlgefaltete Proteine, wie Beta-Amyloid, sich zu kleinen, kettenartigen Strukturen verbinden – bevor sie zu größeren Fibrillen und schließlich sichtbaren Plaques aggregieren.
Protofibrillen und Oligomere gelten als besonders neurotoxisch, da sie:
o Synapsen blockieren
o Zellmembranen durchlöchern
o entzündliche Prozesse anstoßen… lange bevor sichtbare Plaques entstehen.
o Schließlich zu sichtbaren Plaques im Hirngewebe
3. Ablagerung
Die Plaques lagern sich außerhalb der Nervenzellen (extrazellulär) ab – v. a. im Hippocampus (Lernzentrale des Gehirns) und Cortex (Verarbeitungszentrum für Sinneseindrücke und äußere Schicht des Großhirns), also dort, wo Erinnerungen und Denkprozesse ablaufen.

Warum sind Beta-Amyloid-Plaques schädlich?
Stören Zellkommunikation
Unterbrechen Synapsen und stören die neuronale Signalweiterleitung.
Lösen Entzündungen aus
Aktivieren Mikroglia (Gehirn-Immunzellen), was zu chronischer Neuroinflammation führt.
Fördern oxidativen Stress
Durch Bildung freier Radikale und Schädigung von Membranen und Mitochondrien.
Verstärken Tau-Pathologie
Die Präsenz von Aβ kann die Tau-Hyperphosphorylierung verstärken → doppelte Schädigung.
Zusammenspiel mit Insulinresistenz
Insulin-Degrading-Enzyme (IDE) baut sowohl Insulin als auch Beta-Amyloid ab.
Bei chronisch erhöhtem Insulin (z. B. Typ-2-Diabetes) ist IDE mit Insulin „überlastet“ → weniger Aβ-Abbau → es kommt zur Plaque-Akkumulation.
Daher wird Alzheimer teils auch als „Typ-3-Diabetes“ bezeichnet (de la Monte & Wands, 2008).
Zusammenfassung:
Merkmal | Beschreibung |
Beta-Amyloid | Eiweißfragment aus falscher APP-Spaltung |
Plaques | Extrazelluläre Ablagerungen aus verklumptem Aβ |
Entstehungsort | Vor allem im Hippocampus und Cortex |
Folgen | Zellschädigung, Synapsenverlust, Entzündung, Demenz |
Was ist Tau-Protein?
Tau ist ein mikrotubuli-assoziiertes Strukturprotein, das in Nervenzellen (v. a. in den Axonen) vorkommt.
Was sind Mikrotubuli?
Mikrotubuli sind essenzielle Struktur- und Transportsysteme innerhalb der Zelle. Besonders in Nervenzellen sichern sie den inneren Materialfluss und ermöglichen Zellfunktion, Kommunikation und Lebenserhalt. Ihr Zusammenbruch – z. B. durch gestörtes Tau-Protein – ist ein zentraler Mechanismus bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer.
Die Rolle des Tau-Proteins
Das Tau-Protein stabilisiert normalerweise die Mikrotubuli, also die röhrenförmigen "Schienen", auf denen Zellbestandteile transportiert werden (z. B. Mitochondrien, Vesikel, Neurotransmitter) in Nervenzellen.
Bei Alzheimer wird es jedoch übermäßig phosphoryliert, verliert seine Bindung an die Mikrotubuli und bildet giftige Aggregate – die sogenannten neurofibrillären Tangles (Verwicklungen).
Aktuelle Forschung (Kapahi et al., 2023) zeigt:
Gehirne mit Tauopathien weisen gestörte Glykogenverwertung auf.
Der Abbau von neuronalen Glykogen über den Pentosephosphatweg reduziert oxidativen Stress und verbessert die Zellgesundheit.
Was bedeutet „hyperphosphoryliert“?
Phosphorylierung ist ein natürlicher biochemischer Prozess, bei dem Phosphatgruppen an Proteine angehängt werden, um deren Aktivität zu regulieren.
Hyperphosphorylierung bedeutet: Tau ist übermäßig mit Phosphatgruppen beladen, wodurch es:
o seine Bindung an Mikrotubuli verliert
o seine Struktur verändert
o anfängt, fehlzufalten und zu verklumpen
Was sind neurofibrilläre Tangles?
Das fehlgefaltete, hyperphosphorylierte Tau lagert sich zu langen, fadenförmigen Strukturen zusammen:→ "Neurofibrilläre Tangles" (NFTs)
Diese unlöslichen Eiweißaggregate entstehen im Zellinneren (intrazellulär) und bestehen fast ausschließlich aus verändertem Tau.
Sie stören:
o den Zellstoffwechsel
o den Transport von Energie und Signalstoffen
o die Zellkommunikation
Warum sind Tangles (Verwicklungen) schädlich?
Die neurofibrillären Tangles:
· blockieren den intrazellulären Transport
· lösen Entzündungsreaktionen aus
· führen zu Funktionsverlust und Zelltod der betroffenen Nervenzellen
Vor allem im Hippocampus – dem Zentrum für Lernen und Gedächtnis – korreliert die Anzahl der Tangles mit dem Schweregrad der Demenz.

Neue Perspektive: Alzheimer als „Typ-3-Diabetes“?
Zunehmend wird Alzheimer als Folge einer Insulinresistenz im Gehirn betrachtet. Studien zeigen, dass gestörter Glukosestoffwechsel und chronisch erhöhte Insulinspiegel den Abbau von Beta-Amyloid hemmen und Tau-Hyperphosphorylierung fördern.
Eine Studie der Rotterdam-Kohorte ergab: Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein bis zu 2,6-fach erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken (Ott et al., 1996).
Die Erklärung: Insulin konkurriert mit Beta-Amyloid um das Enzym „Insulin-Degrading Enzyme“ (IDE). Bei dauerhaft erhöhtem Insulinspiegel wird Beta-Amyloid schlechter abgebaut, es lagert sich im Gehirn ab (Qiu et al., 1998).
Was können wir präventiv tun?
1. Ernährung & Stoffwechsel verbessern
2. Zielgerichtete Mikronährstoffe
3. Bewegung & Schlaf
Regelmäßige Bewegung steigert die Hirndurchblutung und unterstützt die neuronale Plastizität. Guter Schlaf ist essenziell für den nächtlichen Abbau von Beta-Amyloid über das glymphatische System.
Neue Hoffnung durch zelluläre Energie-Optimierung
Neuere Studien zeigen: Eine Verbesserung des zellulären Energieflusses kann Alzheimerprozesse verlangsamen. Besonders relevant ist die Förderung des Pentosephosphatweges (PPP), der antioxidativ wirkt und NADPH bereitstellt – wichtig zur Regeneration von Glutathion.
In einem Mausmodell zeigte die Aktivierung von Glycogen-Phosphorylase (GlyP) durch Fasten oder cAMP analoge Substanzen eine signifikante Reduktion von Tau-Aggregaten und Zellschädigung (Kapahi et al., 2023).
Weitere Untersuchungen zeigen die Rolle von Lithium auf, dessen „Essentialität“ für Säugetiere seit langer Zeit bekannt ist und im Zusammenhang mit dem menschlichen Stoffwechsel seit einigen Monaten im Europaparlament zur Diskussion steht. PräventivFit 07 | Lithium
Fazit
Alzheimer entsteht nicht aus dem Nichts – es ist eine jahrelange, schleichende Entgleisung des neuronalen Stoffwechsels.
Die gute Nachricht:
Durch zielgerichtete Ernährung, Stoffwechseloptimierung und Mikronährstoffe können wir frühzeitig gegensteuern.
Alzheimerprävention beginnt nicht erst im hohen Alter, sondern 20–30 Jahre vorher – mit dem, was wir essen, wie wir schlafen und wie wir leben - unserem Lebensstil.
Dein Lebensstil schreibt mit an deiner Zukunft – warum nicht heute schon bewusster lenken?
Bei Longevity1st zeigen wir dir, wie Ernährung, Mikronährstoffe und Alltagselemente gezielt zur Prävention beitragen können.
Welche Potenziale schlummern in deinem Stoffwechsel? – Finde es mit uns heraus.
Fachbegriffe – Bedeutung & Stoffwechselwirkung
Fachbegriff | Bedeutung | Einfluss auf den Stoffwechsel |
Tau-Protein | Mikrotubuli-assoziiertes Protein, das die Stabilität des zellulären Transportsystems (Mikrotubuli) im Neuron sichert. | Bei Hyperphosphorylierung verliert es seine Funktion und bildet toxische Aggregate → Störung des axonalen Transports, Energiekrise, neuronaler Zelltod. |
Hyperphosphorylierung | Übermäßige Anlagerung von Phosphatgruppen an Proteine, z. B. Tau. | Führt zu Fehlfaltung und Aggregation von Proteinen. Verbrauch von ATP; Hinweis auf Störung im Energiestoffwechsel. |
Beta-Amyloid (Aβ) | Spaltprodukt des Amyloid-Precursor-Proteins (APP); bei fehlerhafter Verarbeitung bildet es Plaques. | Hemmt die Zellfunktion, stört Synapsen, aktiviert Immunzellen im Gehirn → chronische Entzündung und oxidativer Stress. |
Insulin-Degrading-Enzyme (IDE) | Enzym, das sowohl Insulin als auch Beta-Amyloid abbaut. | Bei Hyperinsulinämie ist IDE mit Insulin „überlastet“ ➝ Beta-Amyloid wird langsamer abgebaut ➝ Plaquebildung steigt. |
GSK-3β (Glycogen Synthase Kinase-3 beta) | Enzym, das Tau phosphoryliert. | Wird bei Energiemangel oder oxidativem Stress aktiviert ➝ fördert Tau-Hyperphosphorylierung. |
Pentosephosphatweg (PPP) | Alternativer Glukose-Stoffwechselweg, der NADPH und Ribose-5-phosphat erzeugt. | NADPH regeneriert Glutathion → wichtig zur Bekämpfung von oxidativem Stress; essenziell für Gehirnzellen. |
Glykogen-Phosphorylase (GlyP) | Enzym, das Glykogen abbaut und Glukose-6-Phosphat bereitstellt. | Ermöglicht Glukosefreisetzung aus Speichern → Versorgung des Gehirns bei Energiemangel, insbesondere im Fastenzustand. |
cAMP (zyklisches Adenosinmonophosphat) | Intrazellulärer Botenstoff, der Enzymaktivitäten steuert. | Aktiviert Protein-Kinase A (PKA), welche GlyP aktiviert → Stimulation der Glykogenolyse ➝ mehr Energieverfügbarkeit. |
PKA (Protein Kinase A) | Enzym, das durch cAMP aktiviert wird. | Fördert Energieproduktion (z. B. durch GlyP-Aktivierung) und kann neuroprotektive Signalwege stimulieren. |
NAD⁺ / NADH / NADPH | Redox-Coenzyme in der Zellatmung und antioxidativen Reaktionen. | NADPH: Antioxidativer Schutz (z. B. Glutathion-Regeneration); NAD⁺: essenziell für Zellenergie und DNA-Reparatur. |
Ketonkörper (β-Hydroxybutyrat, Acetoacetat) | Alternative Energiequellen aus Fettsäuren, v. a. bei Fasten oder MCT-Aufnahme. | Versorgen das Gehirn insulinunabhängig mit Energie; reduzieren GSK-3β-Aktivität und wirken antioxidativ. |
Oxidativer Stress | Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen (ROS) und Antioxidantien. | Führt zu Zellschäden, Lipidperoxidation, Proteinfehlfaltung → beschleunigt Alterung und neurodegenerative Prozesse. |
Mitochondriale Dysfunktion | Beeinträchtigung der Zellkraftwerke → weniger ATP, mehr ROS. | Zentral bei Alzheimer: Energiemangel + oxidative Schädigung fördern Tau-Pathologie. |
Glukosetoleranz / Insulinresistenz | Unfähigkeit der Zellen, Glukose effizient aufzunehmen. | Erhöht Insulin- und Glukosespiegel → IDE-Blockade, Entzündungsförderung, neuronale Energiekrise. |
Neuroinflammation | Chronische Entzündung im Nervensystem. | Aktiviert Mikroglia und zerstört gesunde Neuronen; häufig ausgelöst durch Beta-Amyloid und oxidativen Stress. |
Autophagie | Zellulärer Reinigungsprozess, der beschädigte Zellbestandteile abbaut. | Unterstützt den Abbau von Tau-Aggregaten und beschädigten Mitochondrien → neuroprotektiv. |
APOE ε4 | Genvariante, die das Risiko für Alzheimer erhöht. | Beeinflusst den Lipidtransport im Gehirn; ε4-Träger haben oft eine schlechtere Entgiftung und höhere Plaquebelastung. |
Zusammenhang zum Alzheimer-Stoffwechsel:
Diese Begriffe verdeutlichen, dass Alzheimer nicht nur eine genetische oder altersbedingte Erkrankung ist, sondern eng mit Stoffwechselprozessen, Energieverfügbarkeit, antioxidativen Kapazitäten und Entzündungs-mechanismen verknüpft ist.
Melde Dich gerne bei Longevity1st für eine personalisierte Beratung, um Deinen Alltag langfristig nährstoffbewusst zu gestalten, passende Alternativen für Dich zu finden und eine persönliche Gesundheitsstrategie zu entwickeln.
Literaturverzeichnis
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