PräventivFit 06 | Magensäure
- Matthias Glöckner
- 1. Juni
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Juni
Magensäure im Ungleichgewicht: Ursachen für Reflux, Candida & Co
Magensäure – für viele nur ein Begriff aus dem Biologieunterricht, für andere eine tägliche Herausforderung. Ob als schmerzhaftes Brennen hinter dem Brustbein oder als unsichtbarer Nährstoffräuber: Eine gestörte Magensäureproduktion betrifft Millionen Menschen und beeinflusst unser Wohlbefinden weit mehr, als man denkt. Doch was genau macht diese ätzende Flüssigkeit so wichtig? Wann wird sie zum Problem? Und wie kann man auf natürliche oder medizinische Weise regulierend eingreifen?
In diesem Blogbeitrag werfen wir einen fundierten, gut verständlichen Blick auf die faszinierende Welt der Magensäure. Ob du unter Reflux, Völlegefühl, Nährstoffmängeln oder häufiger Müdigkeit leidest – oder einfach neugierig bist, was sich im Zentrum deiner Verdauung täglich abspielt – hier findest du Antworten, wissenschaftlich untermauert und alltagstauglich aufbereitet.
Willkommen zu einer Reise durch den Magen, die mehr Klarheit, Gesundheit und Balance bringen kann.
Physiologie der Magensäure
Magensäure, hauptsächlich bestehend aus Salzsäure (HCl), wird von den Belegzellen (Parietalzellen) der Magenschleimhaut produziert. Sie senkt den pH-Wert des Magens auf etwa 1–3 und erfüllt mehrere essentielle Funktionen:
Proteinverdauung: Aktivierung von Pepsinogen zu Pepsin, das Proteine in kleinere Peptide spaltet.
Abtötung von Krankheitserregern: Die saure Umgebung zerstört viele mit der Nahrung aufgenommene Mikroorganismen.
Nährstoffaufnahme: Förderung der Resorption von Vitamin B₁₂ (über den Intrinsic Factor), Eisen und anderen Mikronährstoffen.
Die Produktion der Magensäure erfolgt durch ein komplexes Zusammenspiel von Nerven- und Hormonsignalen, einschließlich Gastrin, Histamin und Acetylcholin, die die Säuresekretion stimulieren, sowie Somatostatin, das hemmend wirkt .
Folgen einer Überproduktion (Hyperazidität)
Eine übermäßige Produktion von Magensäure kann zu verschiedenen Beschwerden und Erkrankungen führen:
Sodbrennen und Reflux: Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre verursacht brennende Schmerzen hinter dem Brustbein .
Magengeschwüre: Langfristige Schädigung der Magenschleimhaut kann zur Bildung von Geschwüren führen .
Zollinger-Ellison-Syndrom: Ein seltener Zustand, bei dem Tumoren im Pankreas oder Duodenum übermäßig Gastrin produzieren, was zu einer erhöhten Magensäureproduktion führt .
Folgen einer Unterproduktion (Hypochlorhydrie)
Ein Mangel an Magensäure kann ebenfalls gesundheitliche Probleme verursachen:
Verdauungsstörungen: Unzureichende Aufspaltung von Proteinen führt zu Blähungen und Völlegefühl .
Nährstoffmangel: Beeinträchtigte Aufnahme von Vitamin B₁₂, Eisen und anderen Mikronährstoffen kann zu Mangelerscheinungen führen .
Infektionsanfälligkeit: Reduzierte Abtötung von Krankheitserregern erhöht das Risiko für Magen-Darm-Infektionen .
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Säurestörung:
Medikamentös:
Einsatz von Protonenpumpenhemmern (z. B. Omeprazol) oder H₂-Rezeptor-blockern zur Reduktion der Säureproduktion .
Eradikationstherapie:
Bei Helicobacter pylori-Infektion Kombination aus Antibiotika und Säureblockern .
Lebensstiländerungen:
Vermeidung von Alkohol, Nikotin, koffeinhaltigen Getränken und stressbedingten Auslösern.
Ernährungsanpassung:
Verzicht auf stark säurebildende Lebensmittel und regelmäßige, kleine Mahlzeiten.
Was geschieht bei einer Fehlsteuerung von Magensäure, Pankreasenzymen oder Galle
Eine geregelte Verdauung erfordert das präzise Zusammenspiel von Magensäure, Pankreasenzymen und Galle. Kommt es zu einer Störung in einem dieser Bereiche, kann dies eine Kettenreaktion mit weitreichenden Folgen auslösen:
1. Magensäure – Startpunkt der Verdauung
Zu viel: Reflux, Schleimhautreizungen, Ulzera.
Zu wenig (Hypochlorhydrie): Unvollständige Eiweißverdauung, bakterielle Fehlbesiedlung, verminderte Nährstoffaufnahme (v. a. Vitamin B₁₂, Eisen, Calcium).
2. Pankreasenzyme – entscheidend für Nährstoffaufspaltung
Fehlfunktion (z. B. durch chronische Pankreatitis, Mukoviszidose, Autoimmunreaktion):
Fettstühle (Steatorrhoe)
Gewichtsverlust
Mangel an fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K)
Blähungen, Durchfall
3. Galle – Emulgierung von Fetten
Gallestau oder -mangel (z. B. Gallensteine, Lebererkrankungen):
Fettverdauungsstörungen
Blähungen, Oberbauchschmerzen
Verminderte Aufnahme fettlöslicher Vitamine
Gallerefluxgastritis (Rückfluss von Galle in den Magen, reizt die Magenschleimhaut)
Wechselwirkungen
Eine verminderte Magensäure kann die Aktivierung von Pankreasenzymen und die Stimulation der Galle beeinträchtigen.
Störungen im Pankreas oder Gallesystem können wiederum dazu führen, dass unzureichend aufgeschlossene Nahrungsbestandteile den Dünndarm überlasten, was zu Entzündungen und Malabsorption führen kann.
Mykosen
Unerwünschte Mykosen (Pilzinfektionen) im Verdauungstrakt – insbesondere durch Candida-Arten – können durch Störungen in der Verdauungskaskade begünstigt werden. Besonders drei Schlüsselstellen sind dafür kritisch:
1. Hypochlorhydrie
(verminderte Magensäureproduktion)
Hauptmechanismus: Die Magensäure dient als natürliche Barriere gegen pathogene Keime und Pilze.
Folge: Bei zu wenig Säure überleben Hefen wie Candida albicans die Passage durch den Magen und können sich im Dünndarm ansiedeln.
Belegt in Studien: Candida-Kolonisation ist bei Patienten mit chronisch verminderter Magensäure (z. B. durch PPIs) signifikant häufiger.
2. Pankreasinsuffizienz
(unzureichende Enzymproduktion)
Mechanismus: Verdauungsenzyme hemmen indirekt das Wachstum von Mikroorganismen durch die vollständige Spaltung von Nahrungsbestandteilen.
Folge: Unverdaute Kohlenhydrate und Proteine fördern im Dünndarm das Wachstum fermentativer und mykotischer Organismen.
Risikogruppe: Patienten mit chronischer Pankreatitis oder Mukoviszidose.
3. Gallestörungen
(verminderte Sekretion oder Rückstau)
Mechanismus: Gallensalze wirken antimikrobiell, insbesondere gegen grampositive Keime und Hefen.
Folge: Bei Gallestau (z. B. durch Steine, Cholestase) wird die natürliche mikrobiologische Kontrolle im Dünndarm geschwächt.
Begünstigt: SIBO (Small Intestinal Bacterial Overgrowth) und Candidose.
Zusammenwirken der Faktoren
Eine Kombination aus niedriger Magensäure, reduzierter Enzymaktivität und gestörter Gallenzufuhr schafft ideale Bedingungen für Hefepilze:
Ungenügende Keimabtötung
Erhöhtes Nährstoffangebot
Gestörte Mikrobiota-Balance
Fazit:
Die Magensäure steht am Anfang einer empfindlichen Verdauungskaskade. Wird sie nicht richtig produziert oder reguliert, kann das auch die Sekretion und Wirksamkeit von Pankreasenzymen und Galle empfindlich stören – mit potenziell chronischen Folgen für die Gesundheit. Ein ausgewogenes Verdauungssystem beginnt im Magen.
Die Magensäure ist weit mehr als nur ein Bestandteil unserer Verdauung – sie ist ein zentraler Gesundheitsfaktor. In der richtigen Menge schützt sie vor Infektionen, unterstützt die Nährstoffaufnahme und bereitet die Nahrung optimal für den Darm vor. Gerät dieses empfindliche Gleichgewicht jedoch aus der Bahn – sei es durch Überproduktion oder Mangel –, können weitreichende Beschwerden und Mangelerscheinungen die Folge sein.
Die gute Nachricht: Mit gezielter Ernährung, einem bewussten Lebensstil und bei Bedarf medizinischer Unterstützung lässt sich die Magensäurebalance nachhaltig regulieren. Wer seinen Körper kennt und die Zeichen richtig deutet, kann frühzeitig gegensteuern und Verdauungsproblemen vorbeugen.
Besonders die Hypochlorhydrie ist der zentrale Ausgangspunkt für mykotische Fehlbesiedelungen im Verdauungstrakt. Die Wiederherstellung einer gesunden Magensäureproduktion sowie die Unterstützung von Pankreas und Galle sind essenziell, um Mykosen effektiv vorzubeugen.
Ob du nun selbst betroffen bist oder einfach ein tieferes Verständnis für die Abläufe in deinem Körper gewinnen möchtest – das Wissen über die Magensäure ist ein wertvoller Schlüssel zu mehr Wohlbefinden und Vitalität.
1. Feldman, M., Friedman, L. S., & Brandt, L. J. (2015).
Sleisenger and Fordtran’s Gastrointestinal and Liver Disease: Pathophysiology, Diagnosis, Management (10. Aufl.). Elsevier Health Sciences.
ISBN: 978-1-4557-4692-7
2. Martinsen, T. C., Bergh, K., & Waldum, H. L. (2005).
The role of pepsin and other proteolytic enzymes in the development of gastric ulcer. Scandinavian Journal of Gastroenterology, 40(10), 887–893.
3. Waldum, H. L., & Fossmark, R. (2018).
Types of gastric carcinomas. International Journal of Molecular Sciences, 19(12), 4109.
4. Yao, X., & Forte, J. G. (2003).
Cell biology of acid secretion by the parietal cell. Annual Review of Physiology, 65, 103–131.
5. Sachs, G., Shin, J. M., & Howden, C. W. (2006).
Review article: the clinical pharmacology of proton pump inhibitors. Alimentary Pharmacology & Therapeutics, 23(Suppl 2), 2–8.
Für eine detaillierte Analyse Deiner individuellen Situation und Empfehlungen zur Optimierung Deiner Magensäurebalance empfehle ich eine ärztliche Konsultation.
Bitte beachte, dass Ernährungsumstellungen individuell unterschiedlich wirken können und in Absprache mit medizinischem Fachpersonal erfolgen sollten.
Melde Dich gerne bei Longevity1st für eine personalisierte Beratung, um Deinen Alltag langfristig nährstoffbewusst zu gestalten, passende Alternativen für Dich zu finden und eine persönliche Gesundheitsstrategie zu entwickeln.
Gesund bleiben - energiegeladen leben!
Matthias Glöckner

Verstehen | Anwenden | Profitieren
Haftungsausschluss
Dieser Beitrag basiert auf sorgfältiger Recherche, kann jedoch Fehler, Unvollständigkeiten oder veraltete Informationen enthalten. Er dient ausschließlich Informationszwecken und ersetzt keine ärztliche Beratung. Für gesundheitliche Fragen oder Behandlungen konsultieren Sie bitte eine qualifizierte Fachkraft. Eine Haftung für die Nutzung der Inhalte wird nicht übernommen.
Comments